Über die Entstehung des Gemäldes „La bottega del macellaio“ von Annibale Carracci ist nichts bekannt. Man weiss lediglich, dass das Bild 1627 zusammen mit der kompletten Kollektion der Familie Gonzaga dem König von England Karl 1. (Stuart) verkauft wurde. Seitdem hat das Gemälde die Insel nie wieder verlassen und ist heute in der Christ Church Gallery in Oxford zu bewundern.
Annibale Carracci hat das Bild vermutlich um 1585 gemalt, sehr wahrscheinlich nach einem Auftrag der Familie Canobbi aus Bologna, die ihren Reichtum unter anderem durch den Verkauf von Fleisch angehäuft hatte. Wie einige andere italienische Maler dieser Zeit (siehe z. B. Campi mit seiner „Fruttivendola“) haben Carracci flämische Kompositionen inspiriert, die als Thema Küchen oder Verkaufsläden hatten. Bei solchen Gemälden ist die Aufmerksamkeit typischerweise auf die abgebildeten Lebensmittel gerichtet. Ob Obst, Fisch, Gemüse oder Fleisch – die Speisen werden mit perfekter Technik und extremer Detailliebe dargestellt.
Diese Virtuosität entdeckt man auch in unserem Bild. Die Tierhälften hängen sehr plastisch von der Decke, kein anatomisches Detail wurde ausgespart. Auf der Verkaufsfläche legt der Metzger die frischen Kalbssteaks ordentlich nebeneinander.
Was aber in diesem Bild neu ist: Hier werden nicht nur die Speisen zelebriert, sondern und insbesondere die Arbeit, die nötig ist, um diese Speisen herzustellen. Die Männer werden in ihrer ganzen Größe gezeigt, jeder von ihnen auf eine andere Tätigkeit konzentriert.
Die Komposition ist extrem dynamisch, alle Beteiligten drehen, strecken oder bücken sich. Diese Dynamik ermöglicht es, dass der Zuschauer nicht nur Beobachter bleibt. Er wird in das Geschehen hineingezogen, wird quasi ein Teil der Szenerie.
Der Maler will uns damit buchstäblich vor Augen führen, dass jede Art von Arbeit, gewissenhaft und gekonnt verrichtet, Wertschätzung und Respekt verdient.